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Anfangsverdacht durch anonyme Anzeige?

Das Landgericht Augsburg entschied in einem Beschluss vom 12.9.2017 – Az. 1 Qs 339/17 ß, dass eine anonyme Anzeige grundsätzlich keinen Anfangsverdacht begründet, wenn sich aus ihr keine Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt der Anzeige ziehen lassen.

Hintergrund der Entscheidung war folgender Fall: Bei der Polizei war ein anonymes Schreiben eingegangen, in dem zwei namentlich benannte Personen des Vertriebs von Kinderpornographie bezichtigt wurden. Der Computer der benannten Personen sei im Keller versteckt. Auf diesen anonymen Hinweis hin beantragte die Staatsanwaltschaft den Erlass dreier Durchsuchungsbeschlüsse für Wohn- und Geschäftsanwesen der Beschuldigten. Die gegen die Ablehnung des Antragsa Durchsuchung eingelegte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Laut dem LG Augsburg gebiete das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 I GG es, dass Durchsuchungen nur vorgenommen werden dürfen, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte den Tatverdacht begründen. Eine anonyme Anzeige genüge diesen Anforderungen jedoch grundsätzlich nicht. Solange sich aus den Angaben und Aussagen in der anonymen Anzeige keine Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt ziehen lassen, ändern auch keine sonstigen Details wie beispielsweise der Ort des PCs etwas. Denn nach Ansicht des BVerfG (BeckRS 2016, 50709) ist vielmehr eine beträchtliche sachliche Qualität der Anzeige oder die gleichzeitige Vorlage von schlüssigem Tatsachenmaterial erforderlich, um Denunziantentum nicht zu fördern und die Unschuldsvermutung zu wahren.

Eine anonyme Anzeige führt also nur zu einem Anfangsverdacht und ermöglicht dadurch Ermittlungen durch die Polizei und die Staatsanwaltschaft, wenn nicht nur die Täterschaft von Personen behauptet wird, sondern der Wahrheitsgehalt dieser Behauptung untermauert wird. Dies muss nicht in jedem Fall unter Vorlage von Tatsachenmaterial erfolgen, doch ist dies absolut hilfreich.

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